11. August 2021

Ausreden gibt es immer, Chancen nicht

Die Mission ist klar: Die Schweiz hat 2017 Ja gesagt zur Energiewende, sich zum Pariser Klimaabkommen bekannt. Der Bundesrat hat «Netto Null» bis 2050 beschlossen. Trotzdem scheinen wir vor einer grünen Ampel zu stehen, ohne dass jemand losfährt.

«Energiewende» ist mittlerweile fast schon ein abgenutzter Begriff. Er bedeutet, wegzukommen von fossilen Energieträgern und vollständig auf erneuerbare Energien umzustellen. Aber wie genau funktioniert Energiewende? Dies scheint doch nicht so klar zu sein, sonst würde der Umbruch nicht so langsam vorankommen.

Es gilt, das nachhaltige Energiesystem auf verschiedene Pfeiler abzustützen. Effizienz ist dabei die billigste und umweltfreundlichste Energie. Denn jede nicht verbrauchte Kilowattstunde muss auch nicht erzeugt werden. In diesem Bereich haben wir in den vergangenen Jahrzenten ganz unbemerkt grosse Fortschritte gemacht. Beispielsweise bei der Bauweise von Gebäuden: Hier lag der Energieverbrauch für Heizenergie in einem typischen Neubau aus dem Jahr 1975 noch bei 220 Kilowattstunden pro Quadratmeter Energiebezugsfläche, in den Mustervorschriften der Kantone von 2008 waren bereits nur noch max. 48 Kilowattstunden zugelassen, in den aktuellen Vorschriften (2014) nur noch 35 Kilowattstunden. Das Energieeffizienz-Potenzial ist noch lange nicht ausgeschöpft.

Energieeffizienz bedeutet nicht, asketisch zu leben, sondern bei gleichbleibendem Komfort weniger Energie zu verbrauchen. Trotzdem gilt es, unseren Energiekonsum kritisch zu hinterfragen. Muss denn das Büro im Sommer wirklich auf 18°C gekühlt und im Winter auf 25°C geheizt sein oder würden nicht auch durchgehend 20-21°C ausreichen? Die fortschreitende Digitalisierung bringt uns Smart Grid und Smart Home, die uns beim sinnvollen, sparsamen und komfortablen Energieverbrauch unterstützen. Die bei möglichst hoher Energieeffizienz noch benötigte Energie kann problemlos aus erneuerbaren Quellen gewonnen werden. Auch in der Schweiz! Die nachhaltig nutzbaren Potenziale für Energie aus Sonne, Wasser, Wind, Biomasse und Geothermie sind absolut ausreichend. Der Betrieb solcher Anlagen ist auch durchaus wirtschaftlich, wenn denn über die gesamte Lebensdauer einer Anlage gerechnet wird. Bereits heute ist in der Schweiz Solarstrom am günstigsten. Die Schwierigkeit hier ist, dass Äpfel mit Birnen verglichen werden: Bei erneuerbaren Energien wird mit Vollkosten gerechnet, bei fossilen Energien eine quersubventionierte Mischrechnung, die die Umweltschäden in keiner Weise mitberücksichtigt.

Natürlich braucht das nachhaltige Energiesystem der Zukunft auch in zunehmendem Mass Speicherkapazitäten. Und auch diese auf- und auszubauen, lohnt sich! Denn Speicher lassen ganz neue Geschäftsmodelle zu. Fortschrittliche Unternehmen – und damit nicht nur Energieversorger – bereiten sich darauf vor.

Wir haben die Technik und wir haben die Fachleute, die sie mit ihrem Knowhow einzusetzen wissen. Was es nun noch braucht, ist die Bereitschaft, umzudenken und das Vertrauen, dass unsere Fachleute ihren Job gut machen. Ich bin – und mit mir weltweit unzählige Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft – überzeugt, dass die Investition in ein nachhaltiges, breit abgestütztes, stabiles, zukunftsfähiges Energiesystem unzählige Chancen, Sicherheit und langfristige Stabilität mit sich bringt! Und die einzig gangbare Lösung ist! Führende Energiefirmen haben die Wende bereits vollzogen. Denn Ausreden gibt es immer, Chancen nicht. Der Markt wird nachziehen, gemeinsam werden wir es schaffen.

Alexandra Märki, Co-Geschäftsführerin AEE SUISSE